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Freitag,
25. Juli 1997
Top-Thema: Europäischer Rat von Dublin Inhalt

 
Freie Fahrt zur europäischen Gemeinschaftswährung

Mit der Einigung über den Stabilitätspakt wurde das letzte politische Hindernis auf dem Weg zur Vollendung der Währungsunion ausgeräumt.

Daß die Staats- und Regierungschefs in Dublin unter großem Einigungsdruck standen, wurde schon durch die Terminwahl deutlich. Ein erneutes Scheitern jener Vereinbarung, die nach der Bestimmung des Teilnehmerkreises die Fortdauer einer auf Haushaltsdisziplin beruhenden Finanzpolitik innerhalb der Euro-Zone garantieren soll, hätte am Tag der Vorstellung der neuen Euro-Noten nicht gerade das Vertrauen in die zukünftige Gemeinschaftswährung gestärkt. Daß die schließlich getroffene Vereinbarung zweitens nur durch einen Kompromiß erzielt werden konnte, durfte des weiteren niemanden verwundern, der schon längere Zeit die Entwicklung der europäischen Integration verfolgt. Vielfach sind denn auch für die Kompromißfindung Parameter von Bedeutung, die im engeren Sinne keinen oder nur geringen Bezug zum Verhandlungsgegenstand haben.

Die Debatte um die Schaffung eines Stabilitätspakts besaß ihre Brisanz weniger im Streit um einen Automatismus von Sanktionen oder in dem einen oder anderen Prozentpunkt bei der Bewertung einer Rezession, in der ungestraft höhere Schulden gemacht werden dürfen; tatsächlich ging die eigentliche Gefahr von der Anordnung der Lager aus, die entweder für oder gegen schnelle Sanktionen, für oder gegen strikte Regeln in der Haushaltspolitik votierten. Denn ausgerechnet Frankreich und Deutschland, die als bewährtes Tandem die europäischen Reformen vorantreiben wollen und sollen, standen sich in der Frage des Stabilitätspakts zunehmend unversöhnlich gegenüber, zumal der beiderseitige Verhandlungsspielraum ausgesprochen eng war. Die Bundesregierung, die selbst seit geraumer Zeit eine viel strengere Auslegung der Kriterien propagiert hat als sie im Maastrichter Vertrag tatsächlich vereinbart worden ist, mußte im Falle eines Scheiterns damit rechnen, in der innenpolitischen Diskussion weitere Punkte zu verlieren. Es ist kein Geheimnis, daß der Euro noch immer von der Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt wird und daß Bundestag und Bundesrat, womöglich sogar das Bundesverfassungsgericht, über die Stabilität der neuen Währung entscheiden werden. Frankreich andererseits wußte die eindeutige Mehrheit aller übrigen Mitgliedstaaten hinter sich und mußte zudem befürchten, innenpolitisch weiter unter Druck zu geraten, solange sozialpolitische Einschnitte mit der Maastrichter Konvergenzordnung in Zusammenhang gebracht werden.

Was eindeutig für den nun in Dublin gefundenen Kompromiß spricht ist, daß Beobachter sich uneinig zeigten, zu welchen Gunsten die langwierigen Verhandlungen ausgegangen seien. Die Möglichkeit der Verhängung automatischer Sanktionen solange die Wirtschaftskraft eines sich erneut höher verschuldenden Staates um weniger als 0,75 Prozent des BIP zurückgeht, kann ohne Zweifel der Bundesregierung zugute gehalten werden. Die Tatsache, daß bei einem Wachstumsrückgang zwischen 0,75 und 2 Prozent Kommission und Ministerrat eine politische Entscheidung über die Einleitung von Sanktionen treffen können, bedeutet noch nicht automatisch, daß der Euro deshalb zur Weichwährung verkommen muß. Wer dies behauptet, muß darlegen, mit welchen Zwangsmitteln er für die Hinterlegung von Sanktionszahlungen sorgen will, die ein mit einer Rezession größeren Ausmasses kämpfender Staat sich weigert einzureichen. Das Europarecht gibt in diesem Punkt wenig Möglichkeiten.

Festzuhalten bleibt, daß mit der in Dublin getroffenen Vereinbarung das letzte politische Hindernis zur Einführung des Euro ausgeräumt sein dürfte. Neben dem Stabilitätspakt herrscht Einigkeit über die Anbindung der Währungen jener Staaten an den Euro, die nicht in der ersten Stufe an der Gemeinschaftswährung teilnehmen werden (EWS II). Die jetzt noch bevorstehende Arbeit dürfte die größere Aufgabe darstellen, nämlich dafür zu sorgen, daß insbesondere Deutschland und Frankreich die selbst gesetzten Konvergenzziele wenigstens annähernd erreichen. Dem Projekt wäre nicht gedient, wenn der Stabilitätspakt als Ausrede dafür herhalten würde, ohne annähernde Erfüllung der Konvergenzkriterien die Währungsunion vollenden zu können. Letztlich haben Frankreich und Deutschland mit dem gefundenen Kompromiß wieder die Führung in der Europäischen Union übernommen. Diese Rolle wird von Nöten sein, wenn im ersten Halbjahr 1997 die wirklich umstrittenen Themen (Reformen der Institutionen, Entscheidungsverfahren) auf den Tisch der Regierungskonferenz kommen. Ein Scheitern der Verhandlungen um den Stabilitätspakt hätte nicht nur den Euro geschwächt, sondern auch ein schlechtes Licht auf den Fortgang der Regierungskonferenz geworfen.

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