EuroNet
Freitag,
25. Juli 1997
Das Euro-Archiv Inhalt

 
TAGUNG DES EUROPÄISCHEN RATES

am 13. und 14. Dezember 1996
in Dublin

SCHLUSSFOLGERUNGEN DES VORSITZES

 

I. EINLEITUNG

Der Europäische Rat hat auf seiner Tagung am 13. und 14. Dezember 1996 in Dublin eine Reihe wichtiger Beschlüsse für die kontinuierliche Fortentwicklung der Europäischen Union gefaßt.

Der Europäische Rat hat

  • weitere entscheidende Fortschritte auf dem Wege zur Wirtschafts- und Währungsunion erzielt,
  • ein breites Spektrum von Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung ermittelt, die auf einzelstaatlicher und auf Gemeinschaftsebene umzusetzen sind,
  • die Dubliner Erklärung zur Beschäftigung angenommen,
  • den vom irischen Vorsitz unterbreiteten allgemeinen Rahmen für einen Entwurf zur Änderung der Verträge als nützliche Ausgangsbasis für die Endphase der Regierungskonferenz begrüßt, die im Juni 1997 in Amsterdam abgeschlossen werden sollte,
  • eine bedeutende Skala von Maßnahmen im Bereich Justiz und Inneres angenommen und insbesondere Mittel zur Bekämpfung der Geißeln Drogen, organisierte Kriminalität, einschließlich Terrorismus, und sexuelle Ausbeutung von Kindern vereinbart,
  • das Vorgehen der Union im Bereich der auswärtigen Beziehungen einer Überprüfung unterzogen.

Zu Beginn seiner Beratungen hatte der Europäische Rat einen Gedankenaustausch mit dem Präsidenten des Europäischen Parlaments, Herrn Klaus HÄNSCH, über die wichtigsten Themen, die auf dieser Tagung zur Erörterung anstanden. Er dankte Herrn HÄNSCH, der im Januar 1997 aus dem Amt scheiden wird, für seinen wertvollen Beitrag zum Ausbau der konstruktiven Zusammenarbeit zwischen den Organen.

Außerdem fand heute eine Tagung mit den Staats- und Regierungschefs und den Außenministern der assoziierten Länder Mittel- und Osteuropas, einschließlich der baltischen Staaten, sowie Zyperns statt. Hierbei wurde ein umfassender Gedankenaustausch über die vorliegenden Schlußfolgerungen und über Fragen des Bereichs Justiz und Inneres geführt, wobei besonders auf die Drogenbekämpfung und die Bekämpfung der organisierten Kriminalität eingegangen wurde.


II. WIRTSCHAFTS- UND WÄHRUNGSUNION

Wirtschafts - und Währungsunion

Der Europäische Rat begrüßt die weiteren entscheidenden Fortschritte bei der Vorbereitung der WWU, die am 1. Januar 1999 beginnt.
  • Der Struktur des neuen Wechselkursmechanismus wurde zugestimmt.
  • Die dringlichen Teile des Rechtsrahmens für die Verwendung des Euro wurden im Hinblick auf eine baldige Annahme fertiggestellt.
  • Den Grundsätzen und Hauptbestandteilen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes zur Gewährleistung der Haushaltsdisziplin in der WWU wurde zugestimmt.

Der Europäische Rat fordert daher die Institutionen, die staatlichen Stellen und die Wirtschaftsteilnehmer auf, ihre Vorbereitungen im Hinblick auf den Stichtag für den Beginn der WWU, d.h. den 1. Januar 1999, zu verstärken.

Der Europäische Rat begrüßt den ausgezeichneten Bericht des Rates "Wirtschaft und Finanzen" über die Vorbereitung der Stufe 3 der WWU, dessen Inhalt voll und ganz mit den Schlußfolgerungen von Madrid und Florenz im Einklang steht, und er spricht der Kommission und dem Europäischen Währungsinstitut (EWI) seine Anerkennung für die Beiträge aus, die sie in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich geleistet haben. Zu dem Inhalt dieses Berichts wurden Vorbehalte zwecks parlamentarischer Prüfung eingelegt.

Im einzelnen nimmt der Europäische Rat wie folgt Stellung:

  • Er pflichtet den Schlußfolgerungen zu den vom Rat "Wirtschaft und Finanzen" und vom EWI vorgeschlagenen neuen Wechselkursmechanismus (WKM 2) bei. Er fordert den Rat "Wirtschaft und Finanzen" auf, für die Tagung des Europäischen Rates im Juni 1997 - ausgehend von dem Präzedenzfall aus dem Jahre 1978 in bezug auf den derzeitigen WKM - einen Entwurf einer Entschließung auszuarbeiten, in der die grundlegenden Bestandteile des WKM 2 dargelegt werden. Das EWI wird ersucht, gleichzeitig einen Entwurf einer Vereinbarung zwischen den Zentralbanken auszuarbeiten, der der Europäischen Zentralbank und den Zentralbanken derjenigen Mitgliedstaaten unterbreitet werden soll, die dem Euro-Währungsgebiet nicht angehören.
  • Er betont, daß in der Stufe 3 der WWU eine nachhaltige Haushaltsdisziplin sichergestellt sein muß, und begrüßt das Einvernehmen, das über den Stabilitäts- und Wachstumspakt erzielt worden ist. Er ersucht den Rat "Wirtschaft und Finanzen", die Vorschläge der Kommission für zwei Verordnungen, von denen die eine die verstärkte Überwachung und Koordinierung der öffentlichen Haushalte und die andere die Klärung und Beschleunigung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit betrifft, eingehend zu prüfen. Er fordert die Kommission auf, einen Vorschlag für eine Verordnung über die Mitgliedstaaten vorzulegen, die nicht an Stufe 3 der WWU teilnehmen werden. Darüber hinaus ersucht er den Rat "Wirtschaft und Finanzen", einen Entwurf einer Entschließung über den Stabilitäts- und Wachstumspakt auszuarbeiten, die vom Europäischen Rat im Juni 1997 angenommen werden soll und in der die Zusage der Mitgliedstaaten, der Kommission und des Rates festgehalten wird, den Vertrag und die Rechtsvorschriften über die Haushaltsstabilität strikt anzuwenden. Der Rat wird nach Annahme der Entschließung durch den Europäischen Rat die jeweiligen Verordnungen verabschieden.
  • Er begrüßt das Einvernehmen, das der Rat "Wirtschaft und Finanzen" über die beiden Verordnungen erzielt hat, mit denen der rechtliche Rahmen für den Euro festgelegt wird und die vom Vorsitz derzeit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Er ersucht den Rat, die erste, auf Artikel 235 des EG-Vertrags gestützte Verordnung unverzüglich anzunehmen. Die zweite Verordnung wird vom Rat möglichst früh im Jahre 1998 angenommen, sobald entschieden wurde, welche Mitgliedstaaten am Euro-Währungsgebiet teilnehmen.

Die im Rat vereinigten Staats- und Regierungschefs haben nach Artikel 109 j Absatz 3 EG-Vertrag entschieden und bestätigen, daß im Hinblick auf den Beginn der Stufe 3 der WWU am 1. Januar 1999 das in Artikel 109 j Absatz 4 bezeichnete Verfahren im Jahre 1998 so bald wie möglich zur Anwendung kommt. In diesem Zusammenhang begrüßt der Europäische Rat die Absicht der Mitgliedstaaten, die Haushaltsungleichgewichte im Jahre 1997 weiter abzubauen, damit das hohe Maß an nachhaltiger Konvergenz erreicht wird, das für eine Beteiligung an der einheitlichen Währung erforderlich ist, und betont das Erfordernis einer dauerhaften Konvergenz in der Stufe 3.

Der Europäische Rat unterstreicht außerdem die Bedeutung der Wechselkursstabilität für den Konvergenzprozeß und das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts und begrüßt daher ganz besonders den Eintritt der finnischen Markka in den WKM am 12. Oktober 1996 sowie den Wiedereintritt der italienischen Lira am 24. November 1996.

Der Europäische Rat betont, daß der Euro für die Bürger greifbare Gestalt annehmen muß. Daher begrüßt er die vom Europäischen Währungsinstitut vorgelegten Entwürfe für die Euro-Banknoten. Er begrüßt ebenfalls die Vorkehrungen der Kommission für den Wettbewerb für Entwürfe für die Münzen; die entsprechende Entscheidung kann so während des niederländischen Vorsitzes getroffen werden.

Die Staats- und Regierungschefs haben beschlossen, Baron Alexandre LAMFALUSSY für die Zeit vom 1. Januar 1997 bis 30. Juni 1997 erneut zum Präsidenten des Europäischen Währungsinstituts zu ernennen. Sie haben beschlossen, den Präsidenten von De Nederlandsche Bank, Herrn Dr. Willem Frederik DUISENBERG, für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis zur Errichtung der Europäischen Zentralbank zum Präsidenten des Europäischen Währungsinstituts zu ernennen.

SEM 2000 (Sound and efficient management - Gesunde und effiziente Mittelbewirtschaftung)

Der Europäische Rat pflichtete den Schlußfolgerungen des Rates vom 2. Dezember 1996 zu dem Bericht der Gruppe der persönlichen Beauftragten über effizientes Finanzmanagement bei.

Er bekräftigte seine Unterstützung für die SEM 2000-Initiative der Kommission und begrüßte allgemein die in dem Bericht enthaltenen Empfehlungen, die ein bedeutendes Aktionsprogramm zur Verbesserung des Finanzmanagements bei den EU-Ausgaben im Rahmen einer Partnerschaft zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten darstellen.

Der Europäische Rat ersuchte den Rat und die Kommission, ihm auf seiner Tagung im Dezember 1997 über die Fortschritte bei der Durchführung der Empfehlungen Bericht zu erstatten.


III. BESCHÄFTIGUNG

Der Weg zu Wachstum und Beschäftigung in Europa

Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist nicht nur die höchste Verpflichtung der Mitgliedstaaten, sondern auch eine vorrangige Aufgabe der Union. Der Europäische Rat erörterte eingehend die Wachstums- und Beschäftigungsstrategie auf der Grundlage des gemeinsamen Beschäftigungsberichts des Rates und der Kommission, des Zwischenberichts der Kommission über die Initiative "Für Beschäftigung in Europa: Ein Vertrauenspakt" und des gemeinsamen Beitrags der Sozialpartner zum Vertrauenspakt, den sie am 29. November in Dublin verabschiedet hatten. Bei seinen Beratungen berücksichtigte er ferner die Vorschläge im Memorandum von Präsident Chirac für ein europäisches Sozialmodell, um der menschlichen Dimension der Union größeres Gewicht zu verleihen.

Der Europäische Rat billigt entsprechend der Essener Strategie die Analyse in dem gemeinsamen Bericht und ersucht die Mitgliedstaaten eindringlich, diese Strategie entschlossen und konsequent weiterzuverfolgen. Er ruft alle Akteure auf europäischer, nationaler und lokaler Ebene einschließlich der Sozialpartner auf, diese Strategie weiterhin zu unterstützen, und bekräftigt die Bedeutung der Chancengleichheit.

Um sein Eintreten für diese Strategie zu unterstreichen, hat der Europäische Rat die Dubliner Erklärung zur Beschäftigung verabschiedet, die die Empfehlungen des gemeinsamen Berichts betreffend die Notwendigkeit folgender Maßnahmen widerspiegelt:

  • Fortführung der makroökonomischen Strategie für Wirtschaftswachstum und Beschäftigung entsprechend den vereinbarten wirtschaftspolitischen Leitlinien
  • Verstärkung der Bemühungen um die Modernisierung der Waren- und Dienstleistungsmärkte und die Nutzung neuer Beschäftigungsquellen
  • Konzentration auf Arbeitsmarkteffizienz und Investitionen in Humanressourcen
  • Schaffung beschäftigungsfreundlicherer Steuer- und Sozialschutzsysteme
  • Stärkung der Wechselwirkungen zwischen den makroökonomischen und den Strukturpolitiken in den mehrjährigen Beschäftigungsprogrammen der Mitgliedstaaten.

Er ersucht die Kommission und die Mitgliedstaaten, insbesondere im Rahmen des neuen Beschäftigungs- und Arbeitsmarktausschusses und des Ausschusses für Wirtschaftspolitik, die Instrumente für eine wirksame Beobachtung und Beurteilung der Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitiken und die Ermittlung bewährter Praktiken weiterzuentwickeln. Insbesondere sollten gemeinsame Beschäftigungsindikatoren weiterentwickelt und die Möglichkeiten des Leistungsvergleichs (Benchmarking) bewertet werden.

Der Europäische Rat begrüßt die positive Reaktion auf die Initiativen für lokale und regionale Beschäftigungsbündnisse und ruft dringend zu einer raschen Durchführung der 60 Vorhaben auf, die von den Mitgliedstaaten vorgeschlagen worden sind.

Der Europäische Rat weist nochmals auf die wichtige Rolle hin, die der Binnenmarkt bei der Förderung von Wachstum und Beschäftigung in der Union spielt. Dabei ist die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen von entscheidender Bedeutung. Er nimmt die in diesem Bereich erzielten Fortschritte zur Kenntnis, sieht jedoch weiterhin mit Sorge die Verzögerungen bei der Umsetzung und der Durchführung einer Reihe von Richtlinien. Er nimmt Kenntnis von der Absicht der Kommission, vor der Tagung des Europäischen Rates in Amsterdam einen Aktionsplan und einen Zeitplan vorzulegen, in denen alle erforderlichen Maßnahmen erfaßt werden, die ergriffen werden müssen, um sicherzustellen, daß der potentielle Nutzen des Binnenmarkts vor Beginn der Stufe 3 der WWU in vollem Umfang erreicht wird.

Der Europäische Rat nahm Kenntnis von dem Bericht der Kommission über die Entwicklung der Steuersysteme, der ihm vom ECOFIN-Rat übermittelt worden war, und unterstrich die Notwendigkeit weiterer Beratungen zu diesem Punkt. Der Europäische Rat begrüßte die Absicht der Kommission, diese Diskussionen in einer Arbeitsgruppe über Steuerpolitik fortzusetzen und dabei den Auswirkungen dieser Politik auf die Beschäftigung besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

Der Europäische Rat begrüßt die Pläne der Kommission in bezug auf Innovation und die Entwicklung der Informationsgesellschaft als wichtige Impulse für den künftigen Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit der Union. Investitionen in Bildung und Ausbildung sind von entscheidender Bedeutung, um allen Bürgern gleiche Chancen zu gewährleisten, an der Informationsgesellschaft teilnehmen und daraus Nutzen zu ziehen. Der Europäische Rat vertritt die Auffassung, daß die Wettbewerbsfähigkeit der Union - gemessen an den erfolgreichsten Praktiken in der Welt - entsprechend den von den Ministern für Industrie angenommenen Schlußfolgerungen zum Benchmarking regelmäßig überwacht und evaluiert werden sollte.

Der Europäische Rat weist nochmals auf die Bedeutung der Vereinfachung der Rechtsvorschriften hin und wünscht in diesem Zusammenhang die Ausdehnung der Initiative zur Vereinfachung der Rechtsvorschriften im Binnenmarkt (SLIM). Er betont, daß sowohl die Mitgliedstaaten als auch die Gemeinschaftsorgane sich um eine Verringerung der Verwaltungsausgaben der Unternehmen, insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen, bemühen müssen, und ersucht den Rat, seiner Entschließung über die legislative und administrative Vereinfachung im Binnenmarkt weitere Maßnahmen folgen zu lassen.

Die Postdienste stellen einen wesentlichen Bestandteil der Kommunikationsinfrastruktur der Union dar. Die Entwicklung des Binnenmarktes für Postdienste ist von größter wirtschaftlicher und sozialer Bedeutung. Der Europäische Rat begrüßt die intensiven Bemühungen um entsprechende Maßnahmen, bedauert jedoch, daß der Rat keinen gemeinsamen Standpunkt festlegen konnte. Er ersucht den Rat, bis Ende des Jahres unter Berücksichtigung der auf seiner Tagung vom 28. November 1996 bereits geleisteten Arbeit einen Beschluß zu fassen.

Der Europäische Rat ersucht das Europäische Parlament, den Rat und die Kommission, alle erforderlichen Schritte zu unternehmen, damit unverzüglich ein Beschluß über die Liberalisierung der Postdienste gefaßt werden kann. Der Universaldienst im Postbereich muß weiterhin sichergestellt bleiben.

Der Europäische Rat erkennt an, daß die Verwirklichung der Transeuropäischen Netze von großer Wichtigkeit ist. Er stimmt dem Vorschlag der portugiesischen und der spanischen Regierung zu, wonach das vorrangige Verkehrsvorhaben Nummer 8 der vom Europäischen Rat in Essen erstellten Liste 1 das Verbindungsstück des kombinierten Verkehrs zwischen Portugal/Spanien und dem Rest Europas bilden wird.

Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit

Der Europäische Rat bekräftigt, wie wichtig es ist, sicherzustellen, daß die Organe die Subsidiarität und die Verhältnismäßigkeit in allen Vorschlägen für Rechtsetzungsakte genau beachten. Er begrüßt den Bericht der Kommission von 1996 "Eine bessere Rechtsetzung" über die Anwendung der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit sowie über die Vereinfachung und die Konsolidierung der Rechtsvorschriften. Der Europäische Rat ersucht die Kommission, ihm vor Jahresende 1997 einen Zwischenbericht vorzulegen.


IV. DIE REGIERUNGSKONFERENZ

Der Europäische Rat begrüßte den vom Vorsitz unterbreiteten allgemeinen Rahmen für einen Entwurf zur Revision der Verträge. Damit können die Verhandlungen nunmehr in ihre Endphase eintreten.

Der Europäische Rat hat ferner das jüngste Schreiben des deutschen Bundeskanzlers und des französischen Präsidenten zur Kenntnis genommen, das einen wichtigen Beitrag zu den weiteren Beratungen der Konferenz darstellen wird.

Der Europäische Rat bekräftigt, wie wichtig es ist, daß die Konferenz im Juni 1997 in Amsterdam zum Abschluß gebracht wird. Das Dokument des Vorsitzes bildet eine nützliche Grundlage für die anstehenden Beratungen. Wie in dem Dokument klar dargelegt wird, steht es den Delegationen weiterhin frei, für ihre eigenen Vorschläge einzutreten und ihren Anliegen in den weiteren Verhandlungen Nachdruck zu verleihen.

Die Konferenz, die sich jetzt ihrer abschließenden und entscheidenden Phase nähert, muß danach streben, ein ausgewogenes Ergebnis in allen Bereichen zu erreichen, das den Zielen und Horizonten gerecht wird, die der Europäische Rat für die Konferenz festgelegt hat. Auf der Schwelle zum einundzwanzigsten Jahrhundert muß die Union entsprechend vorbereitet sein, damit sie die künftigen Herausforderungen meistern kann.

Der Europäische Rat nimmt mit Befriedigung zur Kenntnis, daß auf der Konferenz Fortschritte bei der Ermittlung von Vertragsänderungen erzielt wurden, die es der Union ermöglichen, in stärkerem Maße auf die Anliegen der Unionsbürger einzugehen, und er bekräftigt die Ziele, die er sich in Florenz in dieser Hinsicht gesetzt hat.

Der Europäische Rat stellt mit Befriedigung fest, daß dem Bereich Justiz und Inneres in dem Dokument des Vorsitzes besondere Bedeutung beigemessen wird. Der Europäische Rat

hat heute eine Reihe wichtiger Beschlüsse im Rahmen der derzeitigen Vertragsbestimmungen vereinbart, die in Abschnitt V dieses Dokuments aufgeführt ist. Er fordert die Regierungskonferenz auf, ihre Beratungen unter Berücksichtigung des vom Vorsitz vorgelegten Rahmens für einen Entwurf für Vertragsänderungen darauf auszurichten, daß Einvernehmen über verstärkte Handlungsfähigkeit in bezug auf folgende Fragen erreicht wird: Visa, Asyl und Einwanderung, Überschreiten der Außengrenzen, Drogenbekämpfung und Bekämpfung der internationalen Kriminalität, einschließlich Terrorismus, Vergehen gegen Kinder und Menschenhandel. Zu diesem Zweck sollte Europol bei der Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten mit operativen Befugnissen ausgestattet werden. Diese Fragen sind für die Bürger in allen Mitgliedstaaten von äußerstem Belang, und der Union müssen die Instrumente für ein wirksames Vorgehen in diesen Bereichen zur Verfügung gestellt werden.

Der Europäische Rat bekräftigte ferner das Ziel, das er sich in Florenz gesetzt hat, nämlich die Weiterentwicklung des außenpolitischen Vorgehens der Union. Die Union muß ihre Fähigkeit zur Sicherstellung eines in allen seinen Aspekten konsequenten und effizienten außenpolitischen Vorgehens ausbauen und ihre Beschlußfassungsverfahren verbessern, wenn sie in der Welt eine Rolle spielen möchte, die ihren Verantwortlichkeiten und ihrem Potential entspricht. Der Europäische Rat nahm die verschiedenen Konzepte zur Kenntnis, die der Vorsitz in seinem Dokument für die entsprechenden Bereiche entwickelt hat, einschließlich der Optionen für die Einrichtung eines neuen Amtes zur Schärfung des Profils der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und der Stärkung der Verbindung zur WEU.

Die institutionellen Fragen werden in der nächsten Verhandlungsphase eine zentrale Rolle spielen. Die Union muß ihre Beschluß- und Handlungsfähigkeit verbessern. Dies gilt schon heute, und dies gilt erst recht mit Blick auf die bevorstehende erneute Erweiterung der Union. Die Union muß über nachvollziehbare, transparente und demokratische Verfahren sowie über starke und effiziente Organe verfügen, die in den Augen ihrer Bürger voll legitimiert sind.

Der Europäische Rat nimmt zur Kenntnis, daß das Dokument des Vorsitzes, das die Meinung vieler Delegationen widerspiegelt, wonach bestimmte Fragen erst in einer späteren Konferenzphase endgültig geregelt werden können, keine Vertragsformulierungen zur Frage der

Flexibilität und zu bestimmten sensiblen institutionellen Fragen enthält, obwohl das Dokument sehr wohl eine Analyse der betreffenden Fragen bietet und entsprechende Optionen nennt. In der nächsten Konferenzphase müssen Lösungen für alle institutionellen Fragen und insbesondere zur Frage der Größe der Kommission, der Rolle des Europäischen Parlaments, der kollektiven Beteiligung nationaler Parlamente, der Abstimmungsmechanismen im Rat und der Arbeitsweise des Gerichtshofs erarbeitet werden, wobei die Gleichgewichte zu beachten sind, die stets ein wichtiges Merkmal für den Aufbau Europas waren.

Der Europäische Rat nahm ferner Kenntnis von den bisherigen Fortschritten bei der Prüfung der Vorschläge für Vertragsbestimmungen, die ein flexibleres Vorgehen zum Zwecke einer verstärkten Zusammenarbeit in dafür geeigneten Bereichen unter zuvor vereinbarten Voraussetzungen ermöglichen würde. Diese Frage ist von großer Bedeutung, und der Europäische Rat ersucht die Konferenz, ihr besondere Beachtung zu schenken.

Der Europäische Rat betont nachdrücklich, daß die Zukunft der Union und der Erfolg der erneuten Erweiterung, zu der er sich verpflichtet hat, von einer zufriedenstellenden Lösung all dieser Fragen abhängen.

Der Europäische Rat ersucht die Konferenz, unter Berücksichtigung internationaler Verträge den bedeutenden Vorschlag zur Änderung der Verträge dahin gehend zu entwickeln, daß der Grundsatz eindeutig festgeschrieben wird, daß kein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates der Union in einem anderen Mitgliedstaat Asyl beantragen kann.

Der Europäische Rat nimmt ferner Kenntnis von dem Vorschlag, der seit der Vorlage des Dokuments des Vorsitzes von drei Delegationen gemeinsam gemacht wurde, daß nämlich der Vertrag den Besonderheiten der Regionen der Union in äußerster Randlage Rechnung tragen soll, und ersucht die Konferenz um Prüfung dieses Vorschlags.

Schließlich ersuchte der Europäische Rat die Konferenz, auf der Grundlage der bereits geleisteten Vorarbeiten weiterhin auf eine bedeutend vereinfachte Fassung der Verträge hinzuarbeiten, um sie für die Bürger der Union besser lesbar und leichter verständlich zu

machen. Dies muß in der Weise erfolgen, daß der Besitzstand der Verträge nicht in Frage gestellt wird, die Säulenstruktur erhalten bleibt und der Abschluß der Konferenz nicht verzögert wird.


V. JUSTIZ UND INNERES

Der Europäische Rat bekräftigt, daß er die Europäische Union durch den vollen Einsatz sämtlicher im Vertrag über die Europäische Union vorgesehenen Instrumente als einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts erhalten und weiterentwickeln wird.

Kampf gegen Drogen

Der Europäische Rat begrüßt den Bericht des Rates über die seit der letzten Tagung in Florenz erzielten bedeutenden Fortschritte und macht sich die in diesem Bericht enthaltenen Vorschläge für Maßnahmen zu eigen.

Der Europäische Rat begrüßt das Einvernehmen, das über eine gemeinsame Maßnahme betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften und der Praktiken der Polizei, der Zollbehörden und der Gerichte im Hinblick auf die Bekämpfung der Drogenabhängigkeit und des Drogenhandels und über die Entschließungen zur Ahndung von schweren Straftaten im Bereich des Drogenhandels, zur Bekämpfung des Drogentourismus und zur Herstellung und zum Anbau von Drogen erzielt wurde, als einen konkreten Ausdruck des gemeinsamen politischen Willens. Ferner begrüßt er die Annahme des Aktionsprogramms der Gemeinschaft zur Suchtprävention.

Der Europäische Rat betont, daß dies einen ersten Schritt darstellt und daß die derzeitige Dynamik auf diesen Grundlagen insbesondere durch folgende Maßnahmen aufrechterhalten und weiterentwickelt werden muß:

  • kontinuierliche Prüfung der weiteren Harmonisierung von Rechtsvorschriften, sofern gemeinsam ein Bedarf hierfür festgestellt wird, sowie begleitend hierzu verstärkte

    Zusammenarbeit zwischen Organen und Mitgliedstaaten. In diesem Zusammenhang ist den besonderen Gefahren, die von synthetischen Drogen ausgehen, spezielle Aufmerksamkeit zu schenken;

  • kontinuierliche Prüfung der weiteren Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden bei der Bekämpfung des Drogenhandels;
  • vollständige Anwendung der Richtlinie über Geldwäsche und mögliche Ausdehnung dieser Richtlinie auf die einschlägigen Berufskreise und Stellen, die nicht zum klassischen Finanzsektor zählen;
  • weitere Arbeiten des Rates und der Kommission in bezug auf den Beitrag, der durch Forschungsaktivitäten im Hinblick auf die medizinischen und sozioökonomischen Aspekte des Drogenmißbrauchs und die Aspekte betreffend die Erkennung des Drogenmißbrauchs geleistet werden kann;
  • eine mit Nachdruck durchgeführte Umsetzung des Aktionsplans zur Drogenbekämpfung in der Karibik sowie die Durchführung der vereinbarten Folgemaßnahmen im Anschluß an den Bericht, der von den Sachverständigen nach ihrer Mission in Lateinamerika erstellt wurde;
  • weiterer Ausbau des strukturierten Dialogs mit den assoziierten mittel- und osteuropäischen Ländern über Drogenfragen; die hiermit vergleichbare, während des derzeitigen Vorsitzes initiierte Zusammenarbeit mit der Russischen Föderation, sollte fortgesetzt werden;
  • Prüfung der Möglichkeiten, die zentralasiatischen Republiken im Rahmen des TACIS-Programms bei der Bekämpfung der Durchfuhr und der Erzeugung von Drogen zu unterstützen; diese Maßnahme entspricht einem Vorschlag von Präsident Chirac und Premierminister Major.

Die Zusammenarbeit mit den transatlantischen Partnern in diesen Bereichen ist ebenfalls fortzuführen und erforderlichenfalls zu verbessern.

Der Europäische Rat bekräftigt, daß er einer dauerhaften und koordinierten Aktion zur Drogenbekämpfung Priorität beimißt, wobei alle Instrumente der Union vollständig und kohärent einzusetzen sind.

Er fordert den Rat auf, bis Jahresende 1997 eine erste Bewertung der getroffenen Maßnahmen vorzunehmen, damit sie gegebenenfalls verstärkt und ergänzt werden können.

Kampf gegen organisierte Kriminalität

Der Europäische Rat betont, daß er die organisierte Kriminalität mit größter Entschiedenheit bekämpfen wird, und unterstreicht, daß hierzu ein kohärentes und koordiniertes Konzept erforderlich ist.

Der Europäische Rat begrüßt den Bericht des Vorsitzes über die Verstärkung des Kampfes gegen die organisierte Kriminalität und beschließt, eine hochrangige Gruppe mit dem Auftrag einzusetzen, einen umfassenden Aktionsplan mit Empfehlungen zu Einzelfragen sowie realistischen Zeitplänen für die Umsetzung zu erarbeiten. Die Gruppe sollte die Bekämpfung der organisierten Kriminalität unter allen Blickwinkeln und mit der eindeutigen Maßgabe prüfen, daß alle gegebenenfalls mit Vertragsänderungen verbundenen Fragen der Regierungskonferenz vorzulegen sind, die Vertragsänderungen in diesem Bereich als Priorität einstuft. Die hochrangige Gruppe sollte ihre Beratungen bis März/April 1997 abgeschlossen haben.

Damit die in dem Bericht des Vorsitzes vorgeschlagenen Maßnahmen rasch umgesetzt werden können, ersucht der Europäische Rat den Rat, zur Verstärkung seines Sekretariats eine Gruppe von spezialisierten nationalen Sachverständigen und Praktikern, die für einen begrenzten Zeitraum abgestellt werden, einzusetzen.

Als einen praktischen Schritt zur Bekämpfung der internationalen Kriminalität fordert der Europäische Rat, daß das Zollinformationssystem, die Übereinkommen über die Betrugsbekämpfung und die Auslieferung sowie die dazugehörigen Protokolle zum frühestmöglichen Zeitpunkt ratifiziert werden und das Europol-Übereinkommen mit dem dazugehörigen Protokoll

bis zum Ende des Jahres 1997 ratifiziert wird. Außerdem hob er hervor, daß das Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen rasch geschlossen werden muß.

Der Europäische Rat fordert den Rat und die Kommission auf, in effizienter und kohärenter Weise gegen den Mißbrauch neuer Kommunikationstechnologien einschließlich des Internet vorzugehen.

Sexuelle Ausbeutung von Kindern und Menschenhandel

Der Europäische Rat verleiht seiner Abscheu vor der sexuellen Ausbeutung von Kindern und vor Menschenhandel Ausdruck und sagt zu, alle erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der verletzlichsten Mitglieder der Gesellschaft zu ergreifen. Er begrüßt das Einvernehmen über eine gemeinsame Maßnahme zur Festlegung eines gemeinsamen Vorgehens gegen Vergehen an Kindern und zur Verbesserung der justitiellen Zusammenarbeit. Es wurden weitere gemeinsame Maßnahmen beschlossen, mit denen die polizeiliche Zusammenarbeit im Wege des Ausbaus der Zuständigkeiten der Europol-Drogenstelle verstärkt bzw. Stellen mit besonderen Fachkenntnissen für die Untersuchung derartiger Verbrechen geschaffen werden sollen. Zur Bekämpfung dieser verabscheuungswürdigen Verbrechen sind Finanzmittel der Gemeinschaft bereitgestellt worden.

Der Europäische Rat fordert den Rat und die Kommission auf, die Umsetzung dieser Rechtsakte intensiv zu betreiben und über weitere erforderliche Maßnahmen nachzudenken.

Kampf gegen Terrorismus

Der Europäische Rat verurteilt vorbehaltlos alle terroristischen Anschläge und verfolgt weiterhin aufmerksam die Bedrohung durch den Terrorismus sowohl auf interner als auch auf externer Ebene. Aus diesem Grund arbeitet die EU eng mit anderen internationalen Partnern und internationalen Organisationen zusammen, um bereits angenommene Maßnahmen gegen diese Bedrohung zu prüfen und zu aktualisieren und erforderlichenfalls neue Maßnahmen zu beschließen. Deshalb bekunden die Mitgliedstaaten auch erneut ihre Entschlossenheit, in dieser Frage eng zusammenzuarbeiten; der Europäische Rat betont, daß dies unbedingt erforderlich ist.

Rassismus und Fremdenfeindlichkeit

Der Europäische Rat begrüßt die seit seiner Tagung in Florenz erzielten Fortschritte und fordert den Rat auf, seine Beratungen im Hinblick auf die rasche Schaffung einer Europäischen Beobachtungsstelle für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit abzuschließen, die eng mit dem Europarat zusammenarbeiten muß.

Außengrenzen

Der Europäische Rat macht erneut darauf aufmerksam, daß die Fragen, die hinsichtlich des Entwurfs für ein Übereinkommen über das Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten der EU durch Personen noch ungeklärt sind, rasch geregelt werden müssen.


VI. ERWEITERUNG

Die Kommission unterrichtete den Europäischen Rat über die Fortschritte bei der Ausarbeitung der auf der Madrider Tagung des Europäischen Rates verlangten Stellungnahmen und Berichte zur Erweiterung. Der Europäische Rat begrüßt die Zusicherung der Kommission, daß diese Dokumente wie auch die Mitteilung zum künftigen Finanzrahmen der Union sofort nach Abschluß der Regierungskonferenz verfügbar sein werden. Er bestätigt den auf seiner Tagung in Madrid festgelegten Zeitplan für den Erweiterungsprozeß. Der Europäische Rat nimmt Kenntnis von dem Bericht des Rates über die Umsetzung der Heranführungsstrategie im zweiten Halbjahr 1996. Er nimmt ferner die Bemühungen der Kommission zur Verstärkung der derzeitigen Umsetzung dieser Strategie zur Kenntnis. Überdies begrüßt er die Absicht der Kommission, zusammen mit ihren in Vorbereitung befindlichen Stellungnahmen und Berichten Vorschläge für eine generelle Stärkung der Heranführungsstrategie vorzulegen.


VII. AUSSENPOLITISCHE MASSNAHMEN DER UNION

Der Europäische Rat hat die Erklärungen zum ehemaligen Jugoslawien und zum Friedensprozeß im Nahen Osten angenommen.

RUSSLAND

Die Europäische Union erklärt, daß sie dem russischen Volk bei der Umsetzung seiner historischen Entscheidung für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und marktorientierte Reformen solidarisch zur Seite stehen wird. Der Europäische Rat bekräftigt, daß die Union bereit ist, die Russische Föderation, insbesondere im Wege des Abkommens über Partnerschaft und Zusammenarbeit, des Aktionsplans EU-Rußland und der möglichst raschen Aufnahme Rußlands in die WTO und andere internationale Gremien, dabei zu unterstützen, die vor ihr liegenden schwierigen Herausforderungen zu meistern.

Der Europäische Rat begrüßt ganz besonders die wichtige Entscheidung von Präsident Jelzin, alle russischen Truppen aus Tschetschenien abzuziehen, sowie die vor kurzem unterzeichnete Vereinbarung zwischen der tschetschenischen Führung und dem russischen Ministerpräsidenten. Er nimmt zur Kenntnis, daß beabsichtigt wird, am 27. Januar 1997 in Tschetschenien Wahlen abzuhalten. Der Europäische Rat erklärt, daß er die bedeutende Arbeit der OSZE-Unterstützungsgruppe in Tschetschenien weiterhin fördern wird.

UKRAINE

Der Europäische Rat begrüßt es, daß der Rat den Aktionsplan für die Ukraine angenommen hat und damit erkennen läßt, welche Bedeutung die Union ihren Beziehungen zur Ukraine beimißt, und den Wunsch zum Ausdruck bringt, im Rahmen des Abkommens über Partnerschaft und Zusammenarbeit eine engere Zusammenarbeit zu entwickeln.

Der Europäische Rat erinnert daran, daß er großen Wert darauf legt, daß die mit der Ukraine erzielte Vereinbarung über die endgültige Stillegung des Kernkraftwerks von Tschernobyl bis zum Jahr 2000 umgesetzt wird. Er begrüßt die Stillegung von Reaktor Nummer 1 durch die ukrainischen Behörden als wichtigen Schritt in diese Richtung.

BELARUS

Die Europäische Union ist ernsthaft besorgt angesichts der politischen Lage in Belarus, insbesondere im Anschluß an die Volksabstimmung über die neue Verfassung. Die Europäische Union wünscht, daß Belarus sich den Grundsätzen der Demokratie, den Menschenrechten und der Marktwirtschaft verpflichtet und damit seiner Rolle in Europa in vollem Umfang gerecht wird. Der Europäische Rat ruft die Führung von Belarus auf, zu einer vollständigen Einhaltung der international anerkannten demokratischen und verfassungsrechtlichen Grundsätze und Praktiken zurückzukehren und hofft, daß die Führung von Belarus den Vorschlag der Union betreffend eine Informationsmission annehmen wird. Mangelnde Fortschritte in diesen Bereichen würden sich negativ auf die Beziehungen zwischen Belarus und der Europäischen Union sowie auf die Unterstützung der Union in bezug auf den Beitritt von Belarus zum Europarat auswirken.

EUROPARAT

Der Europäische Rat ist der Ansicht, daß der Europarat eine entscheidende Rolle bei der Einhaltung der Menschensrechtsnormen und der Unterstützung der pluralistischen Demokratie spielt.

Er hält es für sinnvoll, in Zusammenarbeit mit anderen internationalen Einrichtungen die Kenntnisse und Mechanismen des Europarates voll zu nutzen, um diese Ziele voranzubringen. Das für 1997 vorgesehene Gipfeltreffen des Europarates wird eine bedeutende Gelegenheit darstellen, um die in diesen Bereichen erzielten Fortschritte zu überprüfen.

REGIONALE ZUSAMMENARBEIT IN EUROPA

Der Europäische Rat stellt fest, daß sich die Skala der in Europa auf regionaler Ebene durchgeführten Maßnahmen erweitert hat und nunmehr ein Gebiet erfaßt, das vom Nördlichen Eismeer bis zum Schwarzen Meer reicht. In diesem Zusammenhang begrüßt der Europäische Rat den Bericht der Kommission über die Mitteleuropäische Initiative, den diese auf sein Ersuchen in Florenz hin vorgelegt hat. Er stellt fest, daß die Kommission dem Rat zu diesen regionalen Initiativen in regelmäßigen Zeitabständen Berichte vorlegen wird.

MITTELMEERRAUM

Der Europäische Rat bekräftigt, daß er der Mittelmeer-Dimension der Europäischen Union eine hohe Priorität einräumt, und bringt seine Genugtuung über die signifikanten und ausgewogenen Entwicklungen zum Ausdruck, die im Jahr nach der Annahme der Erklärung von Barcelona in der Europa-Mittelmeer-Partnerschaft eingetreten sind.

In bezug auf die politische und sicherheitspolitische Partnerschaft werden die Arbeiten zur Umsetzung der Grundsätze der Erklärung von Barcelona im Hinblick auf die Annahme einer Charta "Union-Mittelmeerraum" insbesondere anhand des Aktionsplans fortgeführt.

TÜRKEI

Der Europäische Rat bekräftigt die Bedeutung, die er der weiteren Entwicklung der Beziehungen der EU zur Türkei sowohl im wirtschaftlichen als auch im politischen Bereich beimißt. Er stellt aber mit Bedauern fest, daß einige schwerwiegende Fragen noch im Rahmen dieser Beziehungen geregelt werden müssen. Der Europäische Rat begrüßt die von der türkischen Regierung bekundete Absicht, Maßnahmen zur Verbesserung der Menschenrechtssituation zu ergreifen. Im Kontext einer engeren Partnerschaft mit der Europäischen Union betont der Europäische Rat, daß bei der Achtung der Menschenrechte höchste Maßstäbe angelegt werden müssen.

Der Europäische Rat ersucht den Vorsitz, auf der Grundlage der Erklärung des Rates vom 15. Juli 1996 die Bemühungen um eine akzeptable Regelung der Situation im Ägäischen Meer

im Einklang mit anerkannten internationalen Normen fortzusetzen und die Kontakte mit der türkischen Regierung im Hinblick auf eine baldige Tagung des Assoziationsrates fortzuführen.

Der Europäische Rat appelliert an die Türkei, ihren Einfluß geltend zu machen, damit in Zypern eine Lösung gefunden wird, die im Einklang mit den Entschließungen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen steht.

BEZIEHUNGEN EU/USA

Der Europäische Rat stellt fest, daß das Gipfeltreffen zwischen der EU und den USA am 16. Dezember in Washington auf den ersten Jahrestag der in Madrid erfolgten Annahme der Neuen Transatlantischen Agenda und des Gemeinsamen Aktionsplans EU-USA fällt, und hofft, daß damit ein weiterer Meilenstein in den Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten gesetzt wird. Er begrüßt die im Laufe des vergangenen Jahres sowohl in grundsätzlicher als auch in praktischer Hinsicht eingetretenen Verbesserungen.

Der Europäische Rat bekräftigt, daß er gemeinsam mit den Vereinigten Staaten das Ziel verfolgt, die Menschenrechte, demokratischen Werte und Grundfreiheiten in den Teilen der Welt zu fördern, in denen sie nicht in ausreichendem Maße beachtet werden; er bekräftigt aber auch seine Überzeugung, daß diese Ziele nicht mit einseitigen Maßnahmen auf Kosten enger Partner mit gemeinsamen Vorstellungen angestrebt werden sollten.

Der Europäische Rat bekräftigt, daß die engen Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten einen wesentlichen Beitrag zu Stabilität, Sicherheit und Wohlstand in der Welt darstellen können, und betont die Bedeutung, die dem Transatlantischen Dialog in diesem Zusammenhang im Hinblick auf die Vertiefung und den Ausbau der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten durch feste Zusammenarbeit zukommt.

BEZIEHUNGEN EU/KANADA

Der Europäische Rat begrüßt das Einvernehmen über den Text einer Gemeinsamen Erklärung und eines Aktionsplans, durch die die Zusammenarbeit zwischen der EU und Kanada, bei der auf der Grundlage tief verankerter gemeinsamer Werte gemeinsame Ziele verfolgt werden, weiter verstärkt wird.

GROSSE SEEN

Der Europäische Rat gibt seiner ernsten Besorgnis Ausdruck über die anhaltende Gewalt im Gebiet der Großen Seen, von der nicht nur Ost-Zaire, sondern auch Burundi betroffen ist. Er begrüßt die Rückkehr zahlreicher Flüchtlinge, weist jedoch darauf hin, daß die freiwillige Rückkehr der übrigen Flüchtlinge erleichtert werden muß und Rehabilitierungs- und Wiederaufbaumaßnahmen in die Wege geleitet werden müssen. Er weist auf die bedeutenden Anstrengungen der Union zur Befriedigung humanitärer Bedürfnisse hin. Unterdessen macht die fortbestehende humanitäre Notlage insbesondere in Ost-Zaire rasche und durchgreifende Entscheidungen der internationalen Gemeinschaft erforderlich. Der Europäische Rat hebt die Notwendigkeit eines flexiblen Konzepts angesichts der sich rasch wandelnden Verhältnisse vor Ort hervor und stimmt darin überein, daß den Auswirkungen dieser Veränderungen auf die Umsetzung der Resolution des VN-Sicherheitsrats zur Entsendung einer multinationalen Truppe für humanitäre Zwecke mit befristetem Mandat rasch Rechnung getragen werden muß. In diesem Zusammenhang erklärt der Europäische Rat abermals, daß die Europäische Union bereit ist, entsprechend der gemeinsamen Aktion vom 22. November 1996, dem Beschluß des Assoziationsrates vom gleichen Tage und der WEU-Ministererklärung vom 19. November 1996 rasch und in vollem Umfang zu diesen Bemühungen beizutragen. Er begrüßt die Vorschläge der Kommission für einen strategischen und umfassenden Aktionsplan für die EU-Hilfe in der Region der Großen Seen.

Der Europäische Rat begrüßt die Initiative der führenden Politiker der Region zur Lösung der Probleme in Ost-Zaire im Wege des Dialogs. Er hofft, daß sie auf dem zweiten Gipfel der Staatschefs der Region in Nairobi am 16. Dezember in dem Bemühen um eine friedliche Konfliktlösung auf den von ihnen bereits vereinbarten Grundsätzen, einschließlich des äußerst wichtigen Prinzips der Wahrung der territorialen Unversehrtheit und der Souveränität von Zaire, weiter aufbauen können. In Anbetracht der Bedeutung der Wahlen für die Stabilität der Region bekräftigt er die Entschlossenheit der Union, den erfolgreichen Abschluß dieses Prozesses in Zaire durch die am 11. November 1996 verabschiedete gemeinsame Aktion zu unterstützen, und hofft auf die baldige und rasche Durchführung dieser Aktion.

Der Europäische Rat vertritt erneut die Ansicht, daß die Probleme in der gesamten Region nur durch politische Mittel gelöst werden können. Die Europäische Union wird insbesondere durch ihren Sonderbeauftragten weiterhin die Bemühungen der führenden Politiker der Region unterstützen und den Dialog zwischen den verschiedenen Konfliktparteien in der Region fördern. Der Europäische Rat bekräftigt, daß er sich für die baldige Einberufung einer internationalen Konferenz unter der gemeinsamen Schirmherrschaft der VN und der Organisation für Afrikanische Einheit einsetzt, damit im Rahmen eines Gesamtkonzepts die tieferen Ursachen der Krise angegangen werden und damit eine friedliche, dauerhafte und umfassende Lösung der Konflikte in der Region erreicht wird.

OST-TIMOR

Der Europäische Rat begrüßt die im Rahmen der Europäischen Union getroffenen Initiativen, die auf eine Verbesserung der Lage, der Lebensbedingungen und der Menschenrechte der Bevölkerung von Ost-Timor abzielen. Er versichert erneut, daß er alle Bemühungen unterstützt, die zu einer gerechten, umfassenden und international annehmbaren Lösung beitragen können, bei der im Einklang mit dem internationalen Recht die Interessen und berechtigten Ansprüche der Bevölkerung Timors voll respektiert werden. Er hofft, daß die Gespräche unter der Schirmherrschaft des VN-Generalsekretärs zu wesentlichen Fortschritten im Hinblick auf die Lösung des Ost-Timor-Konflikts führen.

KUBA

Die EU hält Fortschritte auf dem Weg zu einem friedlichen Übergang zu einer pluralistischen Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten in Kuba sowie einer Wirtschaftspolitik für wünschenswert, die so konzipiert ist, daß sie einen nachhaltigen Aufschwung und eine Verbesserung des Lebensstandards der kubanischen Bevölkerung zur Folge hat. Der vom Rat am 2. Dezember festgelegte gemeinsame Standpunkt wird mittels eines ergebnisorientierten konstruktiven Dialogs in die Tat umgesetzt werden. Die EU wird diesen Demokratisierungsprozeß unterstützen, unter anderem durch die mögliche Aushandlung eines Kooperationsabkommens. Ein etwaiges Abkommen würde entsprechend der

EU-Praxis eine Klausel enthalten, wonach das Abkommen bei einem ernsten Verstoß gegen seine Menschenrechtsbestimmungen ausgesetzt wird.

ÜBERGANG VON HONGKONG UND MACAU AN CHINA

Der Europäische Rat hat erneut darauf hingewiesen, daß die Europäische Union ein starkes Interesse daran hat, daß in dem Besonderen Verwaltungsgebiet (BVG) Hongkong der Volksrepublik China, das im Juli nächsten Jahres geschaffen werden soll, künftig Friede und Wohlstand herrschen, und daß sie nach Kräften bemüht sein wird, zu einem reibungslosen Übergang beizutragen. Die Europäische Union sagt zu, weiterhin enge Beziehungen zum BVG in der Welthandelsorganisation und in allen anderen Fragen zu unterhalten, in denen das BVG verfassungsmäßig über Autonomie verfügen wird. Der Europäische Rat wies darauf hin, daß die Europäische Union den Sonderstatus des BVG und seiner Bürger, einschließlich ihres Rechts auf repräsentative demokratische Institutionen, so wie sie bereits geschaffen worden sind, in jeder Hinsicht voll unterstützt. Der Europäische Rat forderte die Kommission auf, rechtzeitig im Laufe des Jahres 1997 Vorschläge zu unterbreiten, wie eine enge wirtschaftliche Zusammenarbeit am besten gewährleistet werden kann.

Der Europäische Rat nimmt zur Kenntnis, daß sich der Übergangsprozeß in Macao auf positive Art und Weise entwickelt hat. Er hofft, daß die Durchführung der im Jahre 1987 unterzeichneten gemeinsamen chinesisch-portugiesischen Erklärung weiter zu Fortschritt und sozialer Stabilität in Macao im Hinblick auf eine reibungslose Regierungsübergabe im Dezember 1999 beitragen wird. Er hofft ferner, daß die Grundprinzipien der gemeinsamen Erklärung auch über diesen Zeitpunkt hinaus eingehalten werden.

WTO

Der Europäische Rat hat mit Genugtuung Kenntnis genommen von den Ergebnissen der ersten ordentlichen zweijährlichen WTO-Ministerkonferenz, die vom 9. bis 13. Dezember 1996 in Singapur stattgefunden hatte und auf der die Europäische Union erneut bekundet hatte, welche Bedeutung sie dem multilateralen Handelssystem und dem effizienten Funktionieren der WTO beimißt.

Der Europäische Rat bekundet seine Genugtuung über die erneuten Impulse, die die WTO-Ministerkonferenz in Singapur der Liberalisierung des Welthandels erteilt hat. Er begrüßt insbesondere die Erweiterung des WTO-Arbeitsprogramms um Punkte, die die Europäische Union als Prioritäten eingestuft hatte. Er begrüßt ferner den Durchbruch beim Handel mit Produkten der Informationstechnologie und drängt darauf, daß dritte Partnerländer an der bis zum 15. März 1997 herbeizuführenden Schlußvereinbarung in größtmöglichem Umfang beteiligt werden. Der Europäische Rat begrüßt ferner die anhaltende Dynamik im Hinblick auf den erfolgreichen Abschluß der Verhandlungen über Basistelekommunikation im Februar 1997.

Der Europäische Rat begrüßt es, daß die Kommission eine neue Marktzugangsstrategie

entwickelt hat, und ruft die Kommission und die Mitgliedstaaten zu verstärkten und koordinierten Bemühungen im Hinblick auf eine Öffnung von Drittlandsmärkten auf.

Hinsichtlich des Berichts über die Entwicklung der Handelspolitiken und der Präferenzabkommen der Gemeinschaft hat der Europäische Rat zur Kenntnis genommen, daß der Rat diesen Bericht auf seiner Februar-Tagung fertigstellen wird, damit er in Amsterdam vorgelegt werden kann.


VIII. SITZ VON ÄMTERN UND AGENTUREN

Der Europäische Rat nahm Kenntnis von den Fortschritten bei der Umsetzung des Beschlusses, den er im Oktober 1993 in Brüssel bezüglich des Sitzes der Ämter und Agenturen gefaßt hatte. Der Rat machte sich den Beschluß der Kommission vom 10. Dezember 1996 zu eigen, wonach das Personal des Inspektionsbüros für Veterinär- und Pflanzenschutzkontrollen in Kürze zunächst nach Irland und zu einem späteren Zeitpunkt namentlich nach Grange, Co. Meath, in Gebäude umziehen soll, die die irischen Behörden an diesem Ort zur Verfügung zu stellen haben.

Der Europäische Rat rief dazu auf, daß sachdienliche Maßnahmen von den verschiedenen Institutionen mit dem Ziel ergriffen werden, die Bereitstellung der zur Durchführung des Kommissionsbeschlusses erforderlichen Mittel zu gewährleisten.

Der Rat nahm außerdem Kenntnis von den Schlußfolgerungen des Rates "Landwirtschaft" (Tagung vom 18. November 1996) bezüglich des Personalbedarfs des Inspektionsbüros für Veterinär- und Pflanzenschutzkontrollen und rief dazu auf, daß von den verschiedenen Institutionen sachdienliche Maßnahmen mit dem Ziel ergriffen werden, zu gewährleisten, daß ausreichendes Personal zur Verfügung gestellt wird, damit die Union ihre Kontrollaufgaben wahrnehmen kann.


Addendum

Der Europäische Rat hat die folgenden Berichte des Vorsitzes/Rates zur Kenntnis genommen:

  • Bericht des Rates über Maßnahmen im Bereich Justiz und Inneres
  • Bericht des Vorsitzes über die verstärkte Bekämpfung der organisierten Kriminalität
  • SEM 2000 (effizientes Finanzmanagement): Schlußfolgerungen des Rates und Bericht der Gruppe der persönlichen Vertreter

Der Europäische Rat nahm ferner die folgenden Berichte der Europäischen Kommission zur Kenntnis:

  1. Europa als Wirtschaftseinheit
  2. Wirkung und Wirksamkeit der Binnenmarktmaßnahmen
  3. Mit Dienstleistungen Arbeitsplätze schaffen
  4. Europa als Wegbereiter der globalen Informationsgesellschaft
  5. Erster Aktionsplan für Innovationen in Europa
  6. Europas Platz in der Welt: vierter Bericht der Ciampi-Gruppe
  7. Transeuropäische Netze
  8. Eine bessere Rechtsetzung (Bericht über die Anwendung der Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsprinzipien, Vereinfachung und Konsolidierung)

Quelle: Europäische Union

Top-Thema | Aktuell | Termine | Bücher | Links | Archiv
Home | Feedback | Impressum

Abschlußerklärung
von Dublin

Archiv/21.12.1996

et cetera
Euro-Gipfel

Analyse
Top-Thema/23.12.1996

Gipfelbeschlüsse
Top-Thema/20.12.1996